Ein Walfisch aus der Saale

Zwei Jahre Bio-LK Vetter - eine verhaltensbiologische Betrachtung

Herr Vetter, gebürtig aus Halle, assoziiert mit seinem Geburtsdatum (26.8.) „eine männliche Jungfrau“. Und das erklärt eine ganze Menge – sofern man folgende Spruchweisheit aus den frühen Jahren unseres Jahrhunderts kennt, die uns glücklicherweise von Curt Goetz bis heute überliefert wurde:

„In Halle tummeln sich die Jungfrauen wie die Walfische in der Saale.“

Daraus folgt: Wenn es in Halle entgegen landläufiger Meinung doch immerhin eine Jungfrau gegeben hat – Herrn Vetter nämlich, dank der ansonsten vernachlässigenswerten Astrologie – so muß in der Saale doch zumindest ein Walfisch geschwommen haben.

Betrachten wir unseren Tutor. Seine Begabung fürs Schwimmen, die deutlichen Barten in seinem Gesicht, die ruhige Gemütsart – kein Zweifel, im unbewußten Bestreben, dem Sprichwort Genüge zu tun, hat er sich in seinem Wesen einem ganz bestimmten Ideal angenähert: Herr Vetter selbst ist der fehlende Walfisch aus der Saale.

     
Bert Stahlberg, Kathrin Preiß   Wibke Sturm, Christina Wurst
Claudia Neubert, Bettina Bühner

Was, wie gesagt, manches erklärt. Während sich die „Konkurrenz“ nebenan mit dem Stoff eines Chemie-LK herumquälte und vor dem Staccato ihres Lehrers schier kapitulieren mußte (unzweifelhaft war Herr Drese in einem früheren Leben ein Zitterrochen: ständig unter Spannung), ergingen wir uns in aller Ruhe in den Gefilden der Genetik (ohne chemischen Feinaufbau), der Entwicklungsphysiologie und – vor allem – der Verhaltenslehre. Erst durch sie wurde uns so recht klar, weshalb Herr Vetter gerade die Lehrerlaufbahn eingeschlagen hatte, ja, für sie prädestiniert war. Seinem aquatischen Wesen getreu, hatte sich unser Tutor ein berufliches Biotop ausgesucht, das am ehesten seinen gewohnten Verhaltensweisen entsprach: Wale leben ja bekanntermaßen in Schulen.

Anhand der uns vermittelten Kenntnisse war es uns möglich, ein detailreiches Bild der Lebensweise von Balaenoptera salia (vulgo: Hallenser Walfisch) zu zeichnen. Im folgenden sei die Zusammenfassung eines während dreier Jahre erstellten Forschungsberichtes zitiert.

Katrin Tetau, Bettina Wißner,
Petra, Stefanie Sadys

„Die untersuchte Population bestand aus einem männlichen Leittier, fünf weiteren Männchen und sechzehn Weibchen. Wie dieses auffällige Geschlechterverhältnis – für Walschulen eher untypisch – über den Zeitraum von drei Jahren relativ stabil bleiben konnte, ist ungeklärt; die Frage muß weiteren Forschungen vorbehalten bleiben. Ein Einfluß der Richterschen Gesetze auf die Populationszusammensetzung kann nicht ausgeschlossen werden.

Innerhalb der Gruppe waren stabile Rollenverteilungen deutlich erkennbar. Die Abgrenzung des Reviers oblag den Weibchen, die zu Markierungszwecken regelmäßig große Entfernungen überbrückten. Auch sonst tendierten eher die weiblichen Mitglieder der Schule dazu, sich gefährlichen Situationen auszusetzen. Hier versuchte das Leittier, die noch zügellosen Jungtiere in ruhigere Bahnen zu lenken (‚setzt euch doch nicht immer ans Fenster... wenn ihr da runterfallt...‘). An den männlichen Jungtieren ließen sich sowohl Droh- und Imponierverhalten als auch die Nahrungssuche und -aufnahme in einzelnen Fällen gut beobachten. Eines der Tiere legte nahezu täglich eine größere Strecke zurück, um in den Genuß eines besonderen Leckerbissens zu kommen (200 m bis zum Quartier).

       
Klaus Vetter   Jost Holtzmann, Jens Schleitzer,
Kathy Michl, Gregor Mayer, Eva Stertkamp

Eher atypisch waren die Ernährungsgewohnheiten des Leittieres, das eine große Vorliebe für wasserunlösliche Süßstoffe wie Schokolade, Kuchen und sonstiges Gebäck hegte. Eine Umstellung des Speiseplanes der jüngeren Tiere analog diesem Beispiele erfolgte überraschenderweise nicht, obwohl dem Lernen durch Nachahmung ansonsten meist guter Erfolg beschieden war. Dabei spielten vor allem optische Signale eine wichtige Rolle. Bestimmte vom Leittier verwendete Symbole harren jedoch noch immer ihrer Entschlüsselung durch die Wissenschaft. Auch das akustische System, das von den Jungtieren zur Informationsübermittlung gebraucht wurde, ist noch nicht lückenlos erforscht. Fest scheint aber zu stehen, daß die benutzten Frequenzen nicht immer im Hörbereich von Alttieren liegen, was gelegentlich zu Irritationen innerhalb der Schule Anlaß gab.

Auch ritualisierte Verhaltensweisen konnten beobachtet werden. So spielte sich halbjährlich ein sogenanntes ‚Notengebungsritual‘ ab, das offenbar mit starken nervlichen Belastungen für beide Seiten verbunden sein kann. Zumindest die letzten Beobachtungen legten diesen Schluß nahe. Für Frustrationen nur auf seiten der Jungtiere sorgte hingegen ein zweites Ritual, das meist zweimal pro Halbjahr beobachtet werden konnte. Dabei scheint es sich um eine Verhaltensweise zu handeln, die ebenfalls mit dem Lernprozeß der Tiere im Verbindung steht. Kurz vor Absolvierung des Rituals wurde jedes Mal ein signifikanter Anstieg der Lernkurve festgestellt. Ungeklärt ist dagegen noch die Bedeutung der elektrischen Signale, die das Leittier in einem Falle während des Klausur-Rituales erzeugte und die lediglich für eine Verwirrung der Jungtiere sorgten.

         

Christina Frank, Mirja Tröller

 

Verglichen mit dem benachbarten Schwarm Zitterrochen [der eingangs Erwähnung fand] war die Atmosphäre in der Walschule weitaus ruhiger und entspannter. Die Tiere befanden sich nur in den letzten Frühjahrsmonaten in vergleichbarem Streß, der sich allerdings positiv auf die anschließend erbrachten Leistungen auswirkte. Insgesamt scheint sich das Leittier großer Beliebtheit erfreut zu haben, was sich auch im Beisammensein der Walschule in Zeiten ausdrückte, die normalerweise nicht innerhalb der Gruppe verbracht werden.

Noch der Erklärung bedarf das Wanderverhalten der Population, die sich kurzzeitig sowohl an der französischen Mittelmeerküste (vgl. den ausführlichen Forschungsbericht) als auch im Frankfurter Main aufgehalten hat. Es steht zu vermuten, daß die Gruppe nach drei Jahren auseinanderbrechen wird, womit die gereiften Jungtiere in die Selbständigkeit entlassen werden.“

Jost Holtzmann


Ve zu Gregor M: „Männer mit zwei Schwänzen müssen Farbe bekennen!“

Ve: „C6H12O6 - kann man sich leicht merken, das hat viel mit Sex zu tun, gell, Petra?“
Schülerin: „Ich bin nicht so eine, wie Sie denken!“                                                         

Ve: „Im Gynäkologen steckt die Frau drin.“

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